2016, das waren, nicht nur geodätisch gesehen, 366 Tage voller spannender, aber auch bewegender Ereignisse. Vieles ist ins Wanken geraten, Überzeugungen und einstmals als gültig erachtete Erklärungen wurden über den Haufen geworfen. Im Großen wie im Kleinen. Postfaktisch. Aber es gibt auch viel Positives zu berichten. Ein (sicherlich nicht vollständiger) Überblick.
Januar
„Unser reichhaltig vorhandenes Potenzial kann vor allem nur dann ausgeschöpft werden, wenn die verschiedenen Akteure auch voneinander lernen und miteinander kooperieren. Für Einzelkämpfertum ist in der digitalen Welt kein Platz“ Dies schreibt VDV-Präsident Wilfried Grunau in seinem Grußwort zum Jahresbeginn und das meinen auch seine Präsidentenkollegen von BDVI und DVW. Bei ihrem jährlichen Treffen Ende Januar in Münster vereinbaren die Vertreter der drei führenden Geodäsieverbände in Deutschland eine weitere konkretere Bündelung der Fortbildungsaktivitäten, die in der GEODÄSIE-AKADEMIE ihren Niederschlag finden soll. Nur die Rechtsform ist noch unklar, soll aber im Laufe des Jahres entscheidungsreif aufbereitet werden.
125.000 € gab es am 22. Januar in der RTL-Sendung „Wer wird Millionär“ für
die Antwort auf die Frage nach dem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf des
Geomatikers. Erstaunlicherweise(?) wusste es weder der Kandidat, noch der
Telefonjoker (Dr. Eckhard Freise). Also wurde noch der Publikumsjoker gezogen,
der mit 57% für den Geomatiker votierte. Anschließend ging es in die
Werbepause, bevor es danach dann an die Auflösung der Frage ging. Günther Jauch
hat auch noch ganz kurz erläutert, was ein Geomatiker ist.
Insgesamt war damit ein Teil unseres Fachgebietes eine (nicht nur gefühlte)
Ewigkeit im Fokus der Sendung. Was für eine tolle Werbung! Übrigens: der
Kandidat hat dann „gezockt“ und die richtige Lösung a) genommen…
Februar
Anlässlich der Eröffnung des mit rd. 3000 Fachbesuchern international anerkannten Rohrleitungsforums in Oldenburg trifft Wilfried Grunau mit dem niedersächsischen Wirtschaftsminister Olaf Lies zusammen. Für die Unternehmen sind mit der Digitalisierung der Wirtschaft erhebliche technologische und wirtschaftliche Potenziale und Herausforderungen verbunden, sind sich die beiden einig. Und die Ingenieurpolitik steht auch weiter im Fokus des VDV-Präsidenten: Ende Februar appelliert er bei seinen Gesprächen im Bundestag eindringlich an die Entscheidungsträger, die Fachkompetenz der Ingenieure verstärkt in ihre Beschlüsse und Maßnahmen einfließen zu lassen. Stichworte seiner Beratungen mit den Abgeordneten sind Digitale Infrastruktur, Industrie 4.0 und die Energiewende.
Am 17. Februar kommt eine traurige Nachricht: Prof. Dr. Hans Fröhlich, Träger des GOLDENEN LOTES 2015 ist verstorben. Er, der den Hauptmann Bendemann wieder auferstehen ließ, konnte sich nicht länger seiner schweren Krankheit erwehren. Ein großartiger, beliebter und außergewöhnlicher Mensch, der uns sehr fehlt.
März
In Kaiserlautern führt der VDV Rheinland-Pfalz seinen Landesverbandstag
durch. Landesvorsitzender Hans Brost, der fast zeitgleich als ÖBVI sein
20jähriges Bürojubiläum feiern kann – übrigens in Anwesenheit des
Landesinnenministers Roger Lewentz – wird (natürlich) im Amt bestätigt. Und in
Magdeburg wird Schülerinnen und Schülern der 3. und 4. Klassen unter dem Motto
„Was ich einmal werden möchte“ der Beruf des Geomatikers nahegebracht. Man kann
eben nicht früh genug anfangen.
Ende des Monats geht ein weiterer Träger des GOLDENEN LOTES für immer von uns:
Hans-Dietrich Genscher, der diese Auszeichnung im Jahr 1991 erhielt, stirbt im
Alter von 89 Jahren.
April
Dortmund ist der Schauplatz des ersten Geodäsiekongresses Nordrhein-Westfalen: Im historischen Goldsaal der Westfalenhallen, dem Ort, an dem die Gründungsveranstaltung der Deutschen Bundesliga stattfand, treffen sich 54 Jahre später BDVI, DVW und VDV das erste Mal zu einer gemeinsamen Landestagung.
Und in Dresden wird derweil für den Arbeitsplatz Erde geworben: Geodäsie und Kartographie zum Anfassen, insbesondere für Schülerinnen und Schüler. Der Landesverband Hamburg/Schleswig-Holstein ist mit seiner Landestagung in der Hamburger HafenCity University (HCU) zu Gast, der VDV Hessen hat zum Landesverbandstag nach Rotenburg an der Fulda eingeladen und darüber hinaus zeugen zahlreiche Besichtigungen, Fachvorträge und Mitgliederversammlungen landauf, landab in den VDV-Bezirken von einem regen Verbandsleben. „Geodäten sichern die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft“ lautet eines der Mottos. Treffender geht’s kaum.
Mai
Der Mai startet mit dem International Geodetic Student Meeting (IGSM). Knapp 150 Studierende aus aller Welt treffen sich an der TU München und feiern gemeinsam in den Mai – und natürlich kommt das Fachliche nicht zu kurz. Die FAZ schreibt in ihrem Gehaltsatlas 2016: „Ingenieure sind die Stars der Hannover Messe. Ohne sie gibt es keine Industrie 4.0“. Die Zeitschrift Elektronikpraxis hingegen sagt: „Ingenieure verdienen am schlechtesten“. Wie sieht es im Bereich der Geodäsie und Geoinformatik tatsächlich aus? Der VDV will’s wissen und startet eine Gehaltsumfrage.
In Dessau kommen die Vertreter Sachsen-Anhalts von BDVI, DVW und VDV zu ihrer jährlichen Tagung zusammen und in Erfurt treffen sich 3000 Geocacher zu einem so genannten Mega-Event: praktische Koordinatensuche als Hobby – GPS macht‘s möglich. Währenddessen erörtern VDV-Präsident Wilfried Grunau und der Bundestagsabgeordnete Johann Saathoff auf einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung die möglichen Auswirkungen der transatlantischen Handelsabkommen TTIP und CETA im Vergabebereich. Im Fokus insbesondere der Arbeits- und Dienstleistungsbereich der Ingenieure. Keine trivialen Gespräche, sondern zähe Politik. Muss auch mal sein.
Juni
Die Sitzung des VDV-Bundesvorstandes bringt einen Generationenwechsel: Klaus Meyer-Dietrich reicht nach 28 Jahren das Staffelholz des VDV-Vizepräsidenten an Frank Pöhlmann, Vorsitzender des VDV Bayern, weiter.
Der VDV-Bundesvorstand ruft die Bundesländer und Kommunen auf, amtliche Geodaten im Sinne von Open Data kostenfrei und mit freien Lizenzen bereitzustellen. Die Resonanz auf dieses Positionspapier ist beachtlich und hält bis zum Jahresende an. Auf dem Frankfurter Roßmarkt wird anlässlich des Tages der Geodäsie (wieder einmal) unser Berufsfeld in der Öffentlichkeit präsentiert. Man kann es eben nicht oft genug machen. Über die Frage, ob es bei den Römern schon Pfusch am Bau gab, referiert Prof. Klaus Grewe in Bonn, die Paderborner VDVler fahren zum Wasserstraßenkreuz nach Magdeburg, der VDV Sachsen erkundet die Industriegeschichte entlang der Chemnitz und in Osterholz-Scharmbeck veranstaltet der VDV Bremen/Unterweser den ersten Workshop Erfahrungsaustausch ALKIS. Währenddessen treffen sich in Bielefeld die besten 18 BouleSpielerinnen und –Spieler des VDV zum Sommerfest. Es geht um Millimeter.
Juli
In Nürnberg startet die Auftaktveranstaltung zur Bayerischen Woche der Geodäsie. Motto „Wir vermessen die Welt“. Parallel gibt es in Baden-Württemberg eine Aktionswoche der Geodäsie. So muss es sein: Marketing für einen Beruf, der es in sich hat und Spaß macht. Anfang Juli findet in Kassel die Sitzung des DVW-Beirates statt, zu der auch die Repräsentanten anderer Verbände geladen sind. Man sitzt zusammen, unterhält sich bestens, erörtert übergreifende Themen und plant gemeinsame Aktionen für das kommende Jahr.
Nur zwei Wochen später kommt dann die schockierende Nachricht: DVW-Präsident Karl-Friedrich Thöne ist völlig überraschend gestorben. Ein feiner Mensch ist für immer von uns gegangen. Schwere Tage.
August
Plötzlich gab es einen Ruck, und Melbourne, die Hauptstadt des australischen Gliedstaats Victoria, kam 6000 Kilometer weiter nördlich zu liegen, im Meer. Zum Glück für die vier Millionen Einwohner der australischen Stadt ereignet sich die Veränderung in einem Rechenzentrum und beeinflusst nur die Karten von Microsoft Bing. Auf der Internetseite des Oldenburger Stadtmuseum Museums ist unterdessen eine Ausstellung mit dem Titel „Vermessen – Oldenburger Karten und Pläne“ entstanden, die die virtuellen Besucher in 500 Jahre Oldenburger Kartographie entführt. Eine wunderbare Öffentlichkeitsarbeit. Und im Bundestag wird derweil intensiv der Bundesverkehrswegeplan 2030 diskutiert. Im Gespräch: 269,6 Milliarden € für die Verkehrsinfrastruktur.
Nicht zu vergessen: der VDV hat jetzt einen Instagram-Account (www.instagram.com/VDVmagazin).
September
Beim VDV Berlin/Brandenburg gibt es einen Wechsel im Vorstand: Matthias Grote löst nach 14 Jahren Dieter Badstübner als Landesvorsitzenden ab. Deutschland wächst derweil um 500 Quadratmeter – sagt zumindest eine Magdeburger Zeitung. Es geht um einen kleinen Grenzfluss an der Bundesgrenze zu Tschechien. Am 30. September wird Amelie Deuflhard, Theaterproduzentin, Intendantin und künstlerische Leiterin von Kampnagel Hamburg mit dem GOLDENEN LOT geehrt. „Wir möchten damit insbesondere das Aufgreifen und konkrete Umsetzen aktueller gesellschaftlicher Fragestellungen in einen kulturellen Dialog würdigen“, so Wilfried Grunau, Präsident des VDV. „Amelie Deuflhard hat mit den Mitteln der Kunst auf eines der drängendsten gesellschaftliche Probleme Europas aufmerksam gemacht und den Menschen am Beispiel des Aktionsraumes für Flüchtlinge (Ecofavela Lampedusa Nord) einen grenzenlosen Spiegel vorgehalten.“ Stimmt!
Oktober
Die INTERGEO findet diesmal in Hamburg statt. Ergebnis: Die Welt wird smart. Und inmitten dieser rasanten Veränderungsprozesse steht die Digitalisierung, stehen die Geodäten.
Vor Ort, beispielsweise im thüringischen Dienstedt bzw. im fränkischen Nürnberg, setzt man sich mit dieser Thematik auf den Landesverbandstagen auseinander. Aber auch Nachwuchsfragen und Berufsorientierung stehen immer wieder auf der Tagesordnung.
November
Die Themenfelder Digitalisierung und Digitale Bildung stehen im Fokus der politischen Hintergrundgespräche mit Abgeordneten des Deutschen Bundestages. In einem wahren Terminmarathon diskutiert Wilfried Grunau in Berlin mit Wolfgang Bosbach, Reinold Sendker und Sven Volmering (alle CDU), sowie Sören Bartol und Saskia Esken (beide SPD). Die Realisierung der Digitalen Bildung 4.0 sei eine disruptive Zukunftsaufgabe, die größte Herausforderungen an uns alle stelle und Deutschlands wirtschaftliche Position auf dem Weltmarkt nachhaltig beeinflussen werde, so eines der Eingangsstatements des VDV- und ZBI-Präsidenten Wilfried Grunau. Die Bundestagsabgeordneten begrüßen die Forderung, dass die Digitale Bildung dringend zukunftsweisender gestaltet werden muss. Nur über das „Wie“ bzw. den „richtigen“ Weg bestehen bei den Abgeordneten – je nach Parteizugehörigkeit – durchaus unterschiedliche Auffassungen. In Chemnitz findet indessen die sächsische Landestagung des VDV statt – hier stehen eher die fachlichen Themen im Fokus. Die berufsständischen Angelegenheiten hingegen werden in Hannover auf der Herbstsitzung des VDV-Bundesvorstandes behandelt. Darunter auch das ach so leidige Thema HOAI. Hier ist nunmehr die nächste Eskalationsstufe erreicht: die EU-Kommission verkündet, dass sie die Deutschland wegen des Festhaltens an den Mindest- und Höchstsätzen der HOAI vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt. Es bleibt abzuwarten, ob der EuGH die von Deutschland propagierten Gründe des Allgemeininteresses bei der Anwendung der HOAI anerkennt oder ob er einen Verstoß gegen das EU-Recht annimmt. Es gilt die alte Weisheit: Vor Gericht und auf hoher See…
Dezember
Am 5. Dezember ist der internationale Tag des Ehrenamtes. „Danke an alle Kolleginnen und Kollegen im VDV für die geleistete ehrenamtliche Arbeit. Ihr seid Spitze!!“ twittert VDV-Präsident Wilfried Grunau.
Fachlicher Höhepunkt ist sicherlich die Nachricht der EU-Kommission, dass das europäische Satellitennavigationssystem Galileo nun bereit stehe – allerdings zurzeit nur bedingt, da die Galileo-Signale nicht immer zur Verfügung stehen, denn bisher sind noch nicht alle Satelliten im Betrieb. Die jüngsten vier Satelliten, müssen erst noch ihre endgültige Position erreichen und einsatzbereit gemacht werden. Satellit 4 ist defekt, die Satelliten 5 und 6 befinden sich auf einer falschen Umlaufbahn und sind deswegen nicht für Navigationszwecke nutzbar. Eigentlicher Anlass für die Mitteilung der Kommission dürfte sein, dass Spaceopal, das Gemeinschaftsunternehmen von DLR und Telespazio, in den nächsten zehn Jahren Galileo betreiben soll. Immerhin nur (?) eine Verspätung von acht Jahren. BER und die Elbphilharmonie lassen grüßen.
Abschließend noch ein Ausblick in das kommende Jahr: Nur eineinhalb Jahre nach der letzten Schaltsekunde ist es wieder soweit: In der Nacht zum 1. Januar 2017 wird es eine Extra-Sekunde geben. Fazit: endlich mal wieder ausschlafen ;-).
In diesem Sinne: ein erfolgreiches und gesundes neues Jahr!