Krieg in Europa, Klima- und Energiekrise und am Ende auch noch das frühe WM-Aus. Nicht unbedingt ein gutes Jahr, sondern eher ein bewegtes. Es gab aber – geodätisch betrachtet – durchaus auch positive Ereignisse. Ein Rückblick.
Januar
Die Einführung des metrischen Systems in Deutschland jährt sich zum 150sten Mal. Nahezu die ganze Welt nutzt es mittlerweile. Die ganze Welt? Nein, denn die von unbeugsamen Angelsachsen geprägten Länder hören nicht auf in Pounds, Miles und Fahrenheit zu rechnen. Aber es scheint eine Lösung des Wirrwarrs in Sicht zu sein: „We are approaching the SI system, inch by inch“, heißt es aus den gewöhnlich gut informierten Kreisen.
Apropos gut informiert: Kennen und nutzen Sie schon die VDV-Stellenbörse? Nicht nur im Januar, sondern das ganze Jahr hindurch gibt es hier viele Stellenangebote und -gesuche. In Zeiten des Fachkräftebedarfs ein sehr wichtiges Portal (www.VDV-online.de).
Februar
„…dahinter steckt immer ein #Geodät“ twittert der VDV in Anlehnung an den Werbeslogan einer großen Tageszeitung und zeigt dazu das aktuelle Cover des VDVmagazin, das jetzt im neuen Layout und erstmalig bei Wichmann im VDE-Verlag erscheint. Ein sehr gelungener Relaunch nach dem Motto „Kompetenzen bündeln – Synergien nutzen“. Gratulation an das Team für die professionelle Umsetzung!
Nutzer von Navigationssystemen haben es in Hamburg derzeit besonders schwer: Das zumindest sagt das britische Portal Confused.com, das europaweit 216 Städte bezüglich einer Navigations-Fehlerquote analysiert hat. In der Hansestadt sei demnach das mobile Internet viel zu langsam und die Wahrscheinlichkeit, dass das GPS-Signal ausfällt, am höchsten. Hamburg landet damit europaweit auf Platz acht der Negativliste. Ähnlich Berlin und Frankfurt mit den Plätzen 11 und 13.
Positiv punkten kann hingegen Hayingen, ein idyllisches Städtchen in Baden-Württemberg. Hier wird das deutschlandweit erste und vermutlich sogar das weltweit erste Projekt für BIM im kommunalen Verkehrswege- und Tiefbau durchgeführt. Die Besonderheit: Es wurde nach BIM geplant, nach BIM ausgeschrieben und nach BIM umgesetzt. Na also, geht doch!
März
Präsenz wird langsam wieder möglich. Die Landesverbandstage in Gießen (Hessen) und Hamm (Nordrhein-Westfalen) finden dann auch regen Zuspruch. Der hessische Kongress findet übrigens am 5. März, dem „Tag der Vermessung und Geoinformation“ statt. Seltsamerweise gibt es drei Wochen später, am 21. März, noch einen ähnlichen Gedenktag, den „Global Surveyors‘ Day“. Woran die Doppelung liegt oder ob sich einfach nur jemand bei einem Datum vertan hat? Egal! Besser zweimal gefeiert als einmal zu wenig. Und schließlich ist Geodäsie wichtig! Das kann man nicht oft genug betonen. Feiern kann übrigens auch der bekannte VDVler Horst-H. Helmig aus Gießen. Der wird nämlich mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. „Menschen, die mehr tun als sie müssen, sind der Kitt unserer Gesellschaft“ so der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier über Helmigs mehr als 50-jährige ehrenamtliche Arbeit. Recht hat er!
April
Der ZBI – Zentralverband der Ingenieurvereine wählt den VDV-Präsidenten Wilfried Grunau erneut zu seinem Präsidenten. Bereits seit 2014 leitet dieser die Geschicke des Spitzenverbandes mit rd. 40.000 Mitgliedern. Aktuelles Thema im ZBI ist die Planungsbeschleunigung. Hintergrund: Viele Brücken sind sanierungsbedürftig, viele Straßen und Wasserstraßen in einem maroden Zustand. Hinzu kommt, dass das aktuelle Planungsrecht sich mit seinen komplexen und langwierigen Genehmigungsverfahren zu einem Modernisierungs- und Innovationshemmnis entwickelt hat. Die Verfahren dauern deutlich zu lange und dies wiederum führt zu erheblich überteuerten Baukosten. Kein dünnes (politisches) Brett, das hier zu bohren ist. Grunau: „Wesentliche Basis ist die durchgängige Digitalisierung der entsprechenden Prozesse und eine effektivere Personalkapazität im Bereich der Planungs- und Genehmigungsbehörden. Dies zeitnah zu realisieren, ist eine der größten Herausforderungen.“ Stimmt!
Mai
Die VDV-Familie trifft sich in Leipzig mit einjähriger Verspätung zum Bundeskongress. Es war eine schwere Entscheidung, den ursprünglich geplanten Termin coronabedingt zu verschieben. Aber jetzt, nach der Veranstaltung, kann nur festgestellt werden: Alles richtig gemacht! Das sächsische Organisationsteam hat ganze Arbeit geleistet und ein tolles und sehr abwechslungsreiches Programm an wunderbaren Locations auf die Beine gestellt. Dafür gebührt doppelter Dank, denn durch das Verschieben musste vieles zweimal organisiert werden. Zur Eröffnung spricht übrigens nicht nur der sächsische Staatsminister für Regionalentwicklung, sondern erstmalig auch ein Vertreter der Nachwuchsorganisation KonGeoS, frei nach dem Motto: #hörtaufdieJugend. Und Fabian Bloch hat das richtig gut gemacht! Das gilt wohl auch für Wilfried Grunau und Burkhard Kreuter, denn sie werden einstimmig an die VDV-Spitze wiedergewählt. 29 Jahre machen die beiden das nun schon.
Juni
Planungsbeschleunigung, Fachkräftebedarf und nachhaltige Bauwirtschaft, das sind die Top-Themen, die Wilfried Grunau, Henry Freisinger und Ute Zeller in einer einstündigen Videokonferenz mit Bundesbauministerin Klara Geywitz erörtern. Fazit: die Herausforderungen sind beträchtlich. Viel Zeit für die Lösung der anstehenden Probleme bleibt dafür allerdings nicht. Symbolisch dafür steht der 29. Juni, der sage und schreibe 1,6 Millisekunden zu kurz ist. Festgestellt haben das (natürlich) unter anderem auch Geodäten, indem sie unseren Planeten aus dem All heraus präzise vermessen. Trotz des kürzeren Monats gibt es im Juni, wie übrigens in den Vor- bzw. Folgemonaten auch, sehr viele Präsenzveranstaltungen und Exkursionen sowohl auf Bezirks- wie auch auf Landesebene. Eine exakte Aufzählung würde hier zu weit führen, es lohnt aber ein Blick in das VDVmagazin, das ausführlich darüber berichtet. Im Fazit kann festgestellt werden: Die VDV-Familie ist wieder da, live und in Farbe, oder um es mit Westernhagen zu sagen: Ich war nie wirklich weg, hab mich nur versteckt.
Juli
In den USA wird am 14. Juli der National Tape Measure Day gefeiert. Hintergrund des Gedenktages: An diesem Tag erhielt 1868 Alvin J. Fellows das Patent für „Improvements in Tape Measures“. Nicht mit dem Bandmaß, sondern mit Nano-Zollstöcken haben Forschende aus Bonn und München Abstände in beweglichen Eiweißen gemessen. In Ulm haben derweil Ingenieure eine Künstliche Intelligenz (KI) entwickelt, die aus Punktwolken von Laserscans realitätsnahe 3D-Gebäudemodelle erstellt. Ihre Geschäftsidee kann sogar beim Energiesparen helfen. Und: Der Sommer ist da und hat schon jetzt einigen Regionen Deutschlands Temperaturen von über 39°C beschert. Dass Hitzetage wie diese bereits in naher Zukunft Alltag werden könnten, beweisen auch verschiedene Dashboards und Simulationen. Grundlage all dessen sind Geodaten. Ihre Bandbreite ist fast grenzenlos, trotzdem werden sie von Wissenschaftlern (Nicht-Geodäten) noch häufig übersehen, weshalb bei ihrer Arbeit immer ein gewisser blinder Fleck verbleibt. Diesen können wir uns jedoch kaum leisten, immerhin geht es um die Aufrechterhaltung unserer aller Existenz.
August
„Ich habe fertig“, twittert VDV-Präsident Wilfried Grunau und meint damit das Erscheinen seines Buches über Künstliche Intelligenz in Geodäsie und Geoinformatik. Ein Team von 34 Experten hat er dazu um sich versammelt, um diesen Sammelband mit einer Einführung in KI sowie jeder Menge Anwendungsbeispielen zu erstellen.
Es brennt! Zumindest in den Wäldern der Welt. Allein Deutschland hat in diesem Jahr laut dem Europäischen Waldbrand-Informationssystem bis zum 13. August bereits 4.239 Hektar durch Waldbrände verloren. Bei der Krisenbewältigung helfen selbstverständlich auch Geodäten, die mittels Künstlicher Intelligenz die Massendaten der Satelliten auswerten und aufbereiten. Und auch wenn es ums Klima und um erneuerbare Energie geht, spielt Künstliche Intelligenz eine Rolle: Eine Auswertung von Zeitreihen des Radarsatelliten Sentinel-1 ergibt, dass China, die EU und Großbritannien die meisten Offshore-Windanlagen betreiben. Zurück auf den Boden der Tatsachen: die Entwicklung und der Einsatz von Digitalen Zwillingen ist eines der Hauptthemen auf dem Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik. Ob auch hier KI im Spiel ist? Natürlich!
September
Building Information Modeling (BIM) ist laut Bundesregierung „ein zentrales Instrument zur Digitalisierung von Bau- und Planungsprozessen im Hoch- und Tiefbau“. Bei der Anwendung von BIM habe die Bundesregierung die gesamte Wertschöpfungs- und Prozesskette Bau im Blick, heißt es in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage. Demnach werde ein open-BIM-Ansatz verfolgt und so die Grundlage für einheitliche Schnittstellen gelegt. Wie das so ist, die Erfahrung der Praxis zeigt, dass in der Umsetzung wohl noch einiges im Argen liegt. Aber immerhin hat es das Thema in den Koalitionsvertrag geschafft, mit einer Verbesserung der Situation ist also hoffentlich noch zu rechnen.
Schlecht sieht es auch für die Bienen aus, die sterben nämlich und keiner weiß so richtig warum. Dem möchte man mit Geodatenanalysen auf die Spur kommen. Erstaunlich, wo Geodäten mit ihren Daten überall zur Ursachenforschung beitragen.
Apropos Ursache: Woran es liegt, dass der VDV- und ZBI-Präsident Wilfried Grunau vom bayerischen Ministerpräsidenten Marcus Söder auf die sehr erlesene Gästeliste zur Berliner Eröffnung des Oktoberfestes gesetzt wurde, wissen wir nicht, können es nur vermuten. Scherzhaft twitterte Grunau aber, dass er vorher ein Gegengift eingenommen habe: „Tass Tee mit MdB“ heißt nämlich die von Staatssekretär Johann Saathoff initiierte Reihe. Tolle Idee, denn bei einer Tasse Ostfriesentee lassen sich viele Themen wirklich sehr gut erörtern – zumal wenn beide bekennende Ostfriesen sind. #NetworkING at it’s best.
Oktober
Für die Neuberechnung der Grundsteuer müssen bundesweit fast 36 Millionen Grundstücke neu bewertet werden. Frist dafür ist Ende Oktober – aber der Finanzminister hat ein Einsehen und verlängert die Frist nochmal bis Ende Januar kommenden Jahres. Eine Verlängerung bis Ende 2023 gibt es auch für das Planungssicherstellungsgesetz. Dies befasst sich mit Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie besonderen Entscheidungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung. Die Regierung möchte nun dauerhafte Anschlussregelungen entwickeln und zugleich weiter Rechtssicherheit für die betroffenen Planungs- und Genehmigungsverfahren gewährleisten. Wie schon gesagt: kein dünnes (politisches) Brett. Und sonst? Ja, natürlich, eine INTERGEO® in Präsenz gibt es auch, in Essen. Schön war’s, gerne wieder!
November
Der VDV twittert nicht nur, sondern er trötet auch, und zwar im Fediversum bei Mastodon. Letzteres ist seit der Twitter-Übernahme durch den Superreichen Elon Musk als dezentrale Alternative zu kommerziellen Social Media Diensten zu verstehen. Und für alle, die das Fediversum noch nicht kennen: das ist ein Netzwerk föderierter, voneinander unabhängiger sozialer Netzwerke, Mikroblogging-Dienste und Webseiten für Online-Publikation oder Daten-Hosting. Tröten bei Mastodon hat also absolut nichts mit dem bekannten Törööö von Benjamin Blümchen zu tun. Alles klar?
Dass Preisträger des Goldenen Lotes regelmäßig im Fernsehen sind, das kennen wir schon. Aber dass mit Stella Deetjen und Mojib Latif gleich zwei Preisträger gemeinsam in der NDR-Talkshow auftreten hat dann doch Seltenheitswert.
Dezember
Die Polar- und Tiefseeforscherin Antje Boetius wird mit dem GOLDENEN LOT ausgezeichnet. Gewürdigt werden ihr außergewöhnliches Engagement im Bereich der Klimaforschung und ihre wegweisenden Untersuchungen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf den Arktischen Ozean und dessen Biodiversität. Laudator ist der Vorjahrespreisträger und Präsident des Club of Rome Deutschland, Mojib Latif.
Ganz passend zum Thema, gleichwohl aber nicht ursächlich zusammenhängend, startet wenige Tage später ein für die NASA und die französische Raumfahrtagentur CNES gebauter Satellit, der fast das gesamte Wasser auf der Oberfläche unseres Planeten beobachten soll.
Wir haben nur diese eine Welt, also sollten wir uns auch um sie kümmern und sorgsam mit ihr umgehen. Geodäten liefern dazu ganz wesentliche Grundlagendaten.