Es war ein turbulentes Jahr und es gab trotz der Kriegs- und Katastrophenmeldungen durchaus auch schöne Ereignisse. Zwar sind wir nicht Europameister im Fußball, aber immerhin ist der Anbau und Konsum von Cannabis jetzt legal. Und das ist ja auch was, denn Cannabis verändert die Wahrnehmung und kann ein Hochgefühl hervorrufen. Zum Ende des Jahres kommt dann zwar noch das „Ampel-Aus“, was wiederum bei einigen, aber nicht bei allen, auch ein Hochgefühl bewirkt. Und was gab es sonst noch? Richtig, das Grundgesetz wurde 75 Jahre alt. Ebenso der VDV – Berufsverband für Geodäsie und Geoinformatik (Das ist wichtig).
Januar
Das Jahr ist gerade vier Tage alt, da trifft sich schon der VDV Dortmund, um sich am Stammtisch auszutauschen. Es ist dies die erste von knapp 150 (!) VDV-Veranstaltungen im Jubiläumsjahr. Eine in der Fachwelt vielbeachtete Aktion des VDV in diesem Jahr ist auch die Gehaltumfrage, die ebenfalls im Januar gestartet wird. Insgesamt beteiligen sich weit über 1000 Personen. Eine wirklich großartige Resonanz!
Februar
Anfang Februar kommen auf Einladung des VDV die Präsidenten der drei großen Geodäsieverbände BDVI, DVW und VDV im ostfriesischen Leer zusammen und Ende des Monats dann in Hannover die Vorgenannten zusätzlich mit den Präsidenten aller weiteren Geo-Verbände, also: Kartographen, Hydrographen, Markscheider und Photogrammeter. Zielsetzung dieser jährlichen Gespräche ist eine intensivere Zusammenarbeit aller Verbände und eine verstärkte Koordinierung in der Arbeit der Vereinsgremien. Zum ersten Mal seit der Pandemie treffen sich auch die Hochschulreferenten des VDV wieder in Präsenz. Diese Zusammenkünfte liegen dem Verband sehr am Herzen, geht es doch darum, der Kreativität des Nachwuchses genügend Raum und eine hörbare Stimme geben. Mission completed vermeldet auch die ESA, deren zweiter europäische Fernerkundungssatellit ERS-2 nach sehr erfolgreicher Mission Ende Februar zwischen Alaska und Hawaii in die Erdatmosphäre zurückkehrt und wie geplant verglüht.
März
Hamburg macht den Vorreiter und stellt sein gesamtes Stadtgebiet online als dreidimensionales Modell öffentlich zur Verfügung. Viele weitere Kommunen werden folgen, denn die Vorteile eines Digitalen Zwillings als Standortfaktor sind leicht erkennbar, wie auch zahlreiche (nicht nur) VDV-Fachvorträge zeigen. In Schwerin gibt es vom VDV Mecklenburg/Vorpommern eine Mitgliederversammlung mit anschließendem Networking und beim Landeskongress des VDV Hessen in Morschen/Nordhessen geht es überwiegend um den Berufsnachwuchs und deren praktische Ausbildung an realen Beispielen, wie z.B. der Eisenbahnvermessung. Ironischerweise machte es der zeitgleich stattfindende Bahnstreik dem VDV-Präsidium unmöglich, mit ebendieser Eisenbahn zum Tagungsort zu kommen. Standortfaktoren sind eben immer auch von verschiedenen Standpunkten mit verschiedenen Ansprüchen zu betrachten und nicht immer läuft alles wie geplant.
April
Im Berliner Regierungsviertel gibt es das erste Bürokratie-Museum der Welt zu sehen. Schnellere Planungsprozesse durch Digitalisierung und Abhilfe im Bürokratiedschungel verspricht deshalb die Bundesbauministerin. Zwar hat sich im Bereich der Bauanträge die Mehrheit der Bundesländer für eine einheitliche Lösung nach dem Prinzip „Einer-für-Alle“ entschieden, aber das ist bei bundesweit rund 900 Bauaufsichtsbehörden wohl doch nicht so einfach umzusetzen. Teilweise gibt es sogar abweichende Prozesse auf kommunaler Ebene gegenüber dem eigenen Bundesland. Klingt komisch, ist aber so. Die Bundesregierung schreibt in einer Antwort auf eine Anfrage zum Thema Brückensanierung „Insgesamt schreitet die Brückenmodernisierung voran“. Eine Beschleunigung des Programms hängt laut Bundesregierung vor allem davon ab, „wie sich die Genehmigungsverfahren entwickeln und wie die Personalausstattung bedarfsgerecht entwickelt werden kann“. Nur wenige Monate später stürzt die Carolabrücke in Dresden ein. Ein trauriges Signal.
Mai
Der VDV-Bundeskongress in Bayreuth steht (natürlich) unter dem Motto „75 Jahre VDV“. Schirmherr ist der bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder. Welche Ehre! VDV-Präsident Wilfried Grunau nutzt die Gelegenheit, um in seiner Begrüßungsansprache vor zahlreichen Politikern die hochaktuellen Themen Planungsbeschleunigung und Fachkräftebedarf und damit auch die Notwendigkeit eines starken Berufsverbandes in den Fokus zu rücken. „Wir haben hier ein gravierendes strukturelles Problem, das seitens der Politik steuernde Rahmenbedingungen dringend notwendig macht“. Der Kongress hat es aber auch sonst in sich: total spannende Vorträge, ein hochinteressantes Rahmenprogramm und dann noch die Abschlussparty, die wirklich alles toppt. Der VDV hat’s (wieder einmal) gerockt!
Juni
Der VDV Sachsen trifft sich zu seinem Landeskongress in der Bürgerarena zu Döbeln, der VDV Berlin/Brandenburg im Ruderclub am Wannsee, der Landesverband Hamburg/Schleswig-Holstein in Hamburg und die Konferenz der Geodäsie-Studierenden (KonGeoS) in Stuttgart. Alle Kongresse sind von hochaktuellen Vorträgen an jeweils außergewöhnlichen Locations geprägt. Und auch das KI-Seminar des BILDUNGSWERK VDV im weltgrößten Computermuseum in Paderborn kommt ausgesprochen gut an. So macht das Verbandsleben Spaß! Eine außergewöhnliche Ehrung an einem außergewöhnlichen Ort bekommt auch ZBI- und VDV-Präsident Wilfried Grunau, der „wegen seiner erfolgreichen, langjährigen Arbeit für den gemeinsamen Auftritt des Ingenieurwesens aller Fachrichtungen“ mit der Lenné-Medaille ausgezeichnet wird. Gratulation!
Juli
Die neue Laseruhr des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt hat einen Spitzenwert an Genauigkeit für optische Uhren mit Gaszellen erzielt. In 30 Millionen Jahren würde sie nur eine Sekunde falsch gehen. Wozu brauchen wir das? Ganz einfach, es geht um neue Wege für einen leistungsstärkeren Datentransfer in der weltweiten Kommunikation, der vernetzten Mobilität und beim autonomen Fahren. Bereiche, in denen auch Geodäten tätig sind. Ein anderes wissenschaftliches Projekt befasst sich derweil mit der Auswirkung von Schwerewellen auf Klimamodelle. Bislang ist es nur sehr schwer möglich, diese Schwerewellen in der Grenzschicht zwischen Atmosphäre und All aufzuspüren. Plakativ spricht die Pressemeldung hier von Vermessungen der „Schlaglöcher“ an der Grenze zum All. Angewandte Grundlagenforschung, die durchaus auch Auswirkungen auf die Arbeit von Geodäten hat.
August
Sommerfest des VDV Thüringen und Open-Air-Stammtisch in Rheinbach. Um so etwas auch wettertechnisch gut planen zu können, benötigt man bessere Daten für eine Wettervorhersage. (Nicht nur) deshalb schickt die ESA den neuen Erdbeobachtungssatelliten „Arctic Weather Satellite“ ins All. Diesmal ist es aber auch mit weniger Daten noch gut gegangen: Die besagten Veranstaltungen fanden bei bestem Wetter statt.
September
Zum Auftakt des Landesverbandstages vom VDV Thüringen geht es in Erfurt zunächst in die recht kühlen Kasematten von Schloss Friedenstein, der größten frühbarocken Schlossanlage Deutschlands, und danach zum Fachvortrag in das trotz Hitzewelle wohltemperierte Thüringer Landesamt für Bodenmanagement und Geoinformation. Der VDV Nordrhein-Westfalen trifft sich einige Tage später zu seinem Landeskongress in der Hochschule Bochum und zeitgleich auch der VDV Rheinland-Pfalz in Koblenz. Fachlich geht es dort um den Neubau der Pfaffendorfer Brücke. Eine Veranstaltung, die nur zehn Tage nach dem Einsturz der Carolabrücke in Dresden eine unerwartete Aktualität bekommt.
Oktober
Der Oldenburger Wissenschaftler Prof. Dr. Thomas Luhmann wird mit dem GOLDENEN LOT ausgezeichnet. Der Preisträger ist nicht nur unbestritten DIE Autorität der Nahbereichsphotogrammetrie sondern zugleich ein begnadeter Singer-Songwriter deutschsprachiger Chansons. Den Beweis tritt er noch während der Preisverleihung an, holt seine Gitarre und gibt den Vermesserblues zum Besten. Der Saal tobt vor Begeisterung. Der VDV-Bremen/Unterwesen lädt in den exklusiven Golfclub Bremerhaven zu seiner Landesmitgliederversammlung und der VDV Bayern zu seinem Landeskongress im Max-Morlock-Stadion des 1. FC. Nürnberg. Gemeinsam nehmen dort die neue Landesvorsitzende Julia Lechner und VDV-Präsident Wilfried Grunau Platz auf der Trainerbank. Und siehe da, in den nächsten vier Wochen danach verliert der FC kein einziges Spiel. Die Legende lebt…
November
Die Mitglieder des VDV-Bundesvorstandes kommen in Hannover zusammen und wählen Henry Freisinger zum neuen Vizepräsidenten. Die dominierenden berufspolitischen Themen sind (leider immer noch) die HOAI, das Vergabetransformationspaket (klingt kompliziert, ist es auch), die Novellierung des Baugesetzbuches und natürlich die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Die Berufsverbände, darunter auch der VDV, schreiben jede Menge Stellungnahmen und weisen auf diverse Missstände in den Gesetzentwürfen hin.
Dezember
Am Tag vor Nikolaus trifft sich der VDV Saarland zu seiner Mitgliederversammlung im Eventlokal zum Kulturhaus“ in Saarbrücken. Überraschung auch in Rheinland-Pfalz: Der höchste Berg im Pfälzerwald ist um einen Meter gewachsen, allerdings nicht physisch, sondern nur auf dem Papier. Demnach ist die Kalmit bei Maikammer nicht 672,6 Meter hoch, sondern 673,64 Meter. Aufgefallen ist das bei einer örtlichen Kontrolle der Messpunkte. Nichts ist für die Ewigkeit, sang einst die Rockband Böhse Onkelz. Stimmt. Sogar der Nordpol ist, wie man auf Ruhrgebietsdeutsch sagt, am wandern, nämlich mit derzeit 25 Kilometern pro Jahr in Richtung Russland. Die Daten für das World Magnetic Model wurden deshalb auch aktualisiert. Für die Positionierung mit GPS-gestützten Navigationssystemen ist nämlich durchaus relevant. Ebenso für den Weihnachtsmann – sofern es ihn gibt und er ein solches System verwendet.
Wilfried Grunau