Gastkommentar zu neuen Technologien. Veröffentlicht am 16.11.2017 im Weser-Kurier
Die neuen digitalen Technologien sorgen nicht nur für einen wirtschaftlich-technologischen, sondern auch für einen Kulturwandel, findet Gastkommentator Wilfried Grunau.
Die Digitalisierung stellt uns, unsere Gesellschaft und die Arbeitswelt vor große Herausforderungen. Damit verbunden ist ein Transformationsprozess, der nicht rein wirtschaftlich-technologischer, sondern gesamtgesellschaftlicher Natur ist. Die spannende Herausforderung liegt dabei in der Frage, wie die digitale Transformation systematisch in die Gesellschaft implementiert werden kann.
Die neuen digitalen Technologien bieten grundlegend andere Dimensionen der Informationsverfügbarkeit und radikal neue Möglichkeiten der Vernetzung. Nicht umsonst wird in diesem Kontext von einer disruptiven Innovation gesprochen. Cloud Computing, Big Data, Sharing Economy, dezentrale und individualisierte Fertigungstechniken wie auch autonome Systeme stehen als Schlagwörter für diese Entwicklung.
Problemfelder der Digitalisierung
So weit, so gut – und ingenieurtechnisch sicherlich ein lösbares Unterfangen. Wenn da nicht noch ein paar weitere Problemfelder wären, die weniger die technische Seite, sondern vielmehr die Wechselwirkung auf die Sozialgesellschaft in den Vordergrund rücken. Hier geht es beispielsweise um Unternehmenskultur und Kompetenzen, es geht um Einstellungen und Verhaltensweisen – es geht um das, was Arbeit prägt.
Welche digitalen Kompetenzen müssen Menschen in der Arbeitswelt haben, welche müssen sie erwerben? Wie können Schulen, Hochschulen und Universitäten den Lernenden diese digitalen Kompetenzen vermitteln? Und wie verhindern wir, dass die Digitalisierung digitale Gewinner und Verlierer hervorbringt? Fest steht, dass digitale Kompetenzen heutzutage unerlässlich sind für mehr digitale Teilhabe – und damit auch für gesellschaftliche Teilhabe.
Digitalisierung ist kein isolierter Prozess
Die Digitalisierung bietet vielfältige Innovationschancen. Dies gilt für Wirtschaft, Verwaltung und Politik ebenso wie für die Gesellschaft als ganze. Für die digitale Transformation gibt es offensichtlich keine Standardlösung. Und: Digitalisierung ist kein isolierter Prozess. Sie funktioniert nicht ohne Treiber, die die komplexen Digitalisierungsprozesse sehen, verstehen und voranbringen.
Wer also Digitalisierung nur auf Technologien reduziert, liegt falsch. Nur wenige denken im Kontext von Digitalisierung auch an einen Kulturwandel. Dabei ist gerade dies die zwingende Voraussetzung für eine echte digitale Transformation. Man muss kein Digital Native sein, um die Chancen der Digitalisierung erfolgreich zu nutzen. Viel wichtiger ist es, die Herausforderung zu erkennen, sie anzunehmen, dem Umfeld eine Vision zu geben, den Wandel aktiv zu gestalten, zu evaluieren und in einem offenen, transparenten Dialog gegebenenfalls nachzujustieren.
Zur Person:
Unser Gastautor ist Geodät und seit 1993 Präsident des Verbandes Deutscher Vermessungsingenieure. Zudem ist er seit 2014 Präsident vom Zentralverband der Ingenieurvereine, einem Spitzenverband für Ingenieurverbände.